Seit meine Lieblingsmoderatorin sich vor kurzem meinetwegen bis vor das Bundesverfassungericht geschleppt hat, nicht mehr die „kulturzeit“ auf 3sat moderiert, schaue ich mir den Kessel Buntes für Studiosus-Reisende nur noch selten an. Ich hole mir jetzt meinen Adrenalin-Schub bei Claus Kleber im „heute-journal“.
Neulich bin ich aber beim Zappen in der „kz“-Sendung hängengeblieben. Es ging um ein neues Buch über den Iran, „Der Neue Iran“, von Charlotte Wiedemann. Die Autorin hat sich auf den Schwerpunkt „Islamische Lebenswelten“ spezialisiert, ist viel gereist, u .a. als Reiseleiterin bei „taz-Reisen in die Zivilgesellschaft“ für Mali und Iran, und hat den „EMMA-Journalistinnenpreis 1996“ gewonnen.
Ihr neues Buch, so die Moderatorin in der Anmoderation zum Interview mit Frau Wiedemann, zeige, „dass die Historie komplexer ist“, als wir gedacht haben, „und auch die Gegenwart, bei der die Iraner in den Wahlen grade den als reformwillig geltenden Präsident Rouhani im Amt bestätigt haben“. Die Absicht der Autorin sei es, „unseren Blick auf den Iran und seine Bevölkerung zu überdenken“.
Jede Reform hat ihren Preis
Leider vergaß die charmante Moderatorin zu erwähnen, dass die Reformwilligkeit des wiedergewählten Präsidenten sich auch in einer Rekordzahl an Hinrichtungen niederschlägt, wobei auch Kinder und Jugendliche nicht verschont werden. Macht nichts, jede Reform hat ihren Preis. Bei uns hat die Energiewende zu steigenden Strompreisen geführt.
Das sieben Minuten lange Interview mit Charlotte Wiedemann kam vermutlich aus dem overflow der „heute-show“. Der Einstieg war schon sehr lustig - „Welche Rolle spielt der Schah denn heute noch im Iran?" - „Eigentlich keine.“ -, das Finale Frank-Walter Steinmeier auf den Leib geschrieben.
Auf die Frage, warum der Iran seine Haltung zu Israel nicht ändert, antwortete Frau Wiedemann: „Kein Land im Nahen Osten erkennt Israel diplomatisch an, aufgrund der Tatsache, dass eben Israel die palästinenesischen Gebiete zum Teil völkerrechtswidrig besetzt hält. Auch Saudi-Arabien erkennt Israel nicht an, versucht aber gleichwohl jetzt mit Israel eine neue Allianz gegen Iran zu schmieden, unter großem Beifall der USA. Also, da ist auch immer eine gewisse Heuchelei im Spiel. Wenn es aber um die Frage von Antisemitismus geht, dann ist es so, dass, da gibt es auch verschiedene Studien, dass der Antisemitismus unter Iranern geringer ist als in einigen arabischen Ländern. Im Iran hat die jüdische Gemeinde einen Vertreter im Parlament, genauso wie die anderen - anerkannten - religiösen Minderheiten, Synagogen müssen nicht bewacht werden, anders als bei uns, und ich habe sogar einen Dozenten kennengelernt, einen jüdischen Dozenten, der an einer schiitischen Hochschule Judaismis lehrt.“
Ägypten und Jordanien liegen in der Karibik
Obwohl sie die Frage der „kz“-Moderatorin nicht mal ansatzweise beantwortet hat, war diese hochzufrieden: „Frau Wiedemann, ich danke Ihnen für das Gespräch.“ Kein Wort über die Verfolgung der Bahai und der Homosexuellen, über die letzte Holocaust-Karikaturen-Ausstellung und die Beihilfen für grenzüberschreitend agierende Terrorgruppen.
Frau Wiedemann hat keine Ahnung, wovon sie redet, und die fesche Moderatorin keinen Schimmer, wonach sie fragen sollte. Kein Land im Nahen Osten hat Israel anerkannt? Liegen Ägypten und Jordanien in der Karibik? Beide haben Friedensverträge mit Israel geschlossen und diplomatische Beziehungen aufgenommen. Mit anderen arabisch-islamischen Staaten - u.a. Bahrain, Marokko, Mauretanien - unterhält Israel informelle Beziehungen unterhalb der Schwelle diplomatischer Anerkennung.
Und was ist mit der „Tatsache, dass eben Israel die palästinenesischen Gebiete zum Teil völkerrechtswidrig besetzt hält“? Ist nur ein Teil der besetzten Gebiete völkerrechtswidrig besetzt und der Rest völkerrechtskonform? Oder bezieht das „zum Teil“ auf die Modalitäten der Besatzung? An geraden Tagen wäre alles ok, an ungeraden nicht?
Vermutlich stimmt es tatsächlich, dass „der Antisemitismus unter Iranern geringer ist als in einigen arabischen Ländern“, so wie es stimmt, dass ein Mann, der seine Frau nur einmal pro Woche verhaut, nicht so mies ist wie einer, der dreimal pro Woche gewalttätig wird. Und die Drohung oder das Versprechen, für "eine Welt ohne Zionismus" zu sorgen, fällt ja nicht unter Antisemitismus, sondern nur unter Antizionismus, so wahr mir Frau Groth und die „jüdische Stimme für einen gerechten Frieden“ helfe.
Auch den Juden geht es prima!
Es stimmt auch, dass die jüdische Gemeinde, die 1979 noch über 80.000 Mitglieder zählte und seitdem auf ein Viertel geschrumpft ist, einen „Vertreter“ im iranischen Patlament hat. Dessen wichtigste Aufgabe ist es, Journalisten, die das Land besuchen, zu erzählen, wie gut es die Juden im Iran haben und wie schlimm sie Israel finden. Wäre Onkel Adi nach dem Krieg vor ein Gericht gestellt worden, hätte er sich bestimmt darauf berufen, dass er mindestens einem Juden das Leben gerettet hat - Dr. Bloch, dem Arzt seiner Mutter.
Der jüdische Dozent, den Frau Wiedemann kennengelernt hat, kann unmöglich „Judaismus“ an einer schiitischen Hochschule lehren, denn eine solche akademische Disziplin gibt es nicht. "Judaismus" meint etwas ganz anderes, die „judenchristliche gesetzestreue Richtung im Urchristentum“. Und falls Frau Wiedemann so etwas wie „Judenkunde“ gemeint haben sollte, die konnte man auch im „Dritten Reich“ lehren und lernen. Man brauchte dazu nur den "Stürmer", den "Völkischen Beobachter" und - für die gebildeten Stände - "Das Reich".
Was bleibt? Eine PR-Aktion für den Iran, vorgetragen von einer Fachfrau für den Nahen Osten und dankbar angenommen von einer Redaktion, die ein Falafelbällchen nicht von
einer Bulette unterscheiden kann.
einer Bulette unterscheiden kann.
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